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Karrieren suchen im «Third Space»

In der Schweiz arbeiten zwischen rund 5000 und 8000 Postdocs in befristeten Anstellungen. Nur wenige von ihnen werden je einen unbefristeten Arbeitsvertrag im Bereich der akademischen Forschung und Lehre erhalten. Könnten neue, unbefristete Positionen im Third Space dem wissenschaftlichen Nachwuchs neue Perspektiven bieten?

In den Kulturwissenschaften erfreuen sich die Zwischenräume seit zwei, drei Jahrzehnten grosser Beliebtheit. Sie finden ihre Verkörperung in «Figuren des Dritten», die sich zwischen verschiedenen Welten bewegen, je nachdem als Vermittler oder als Herausforderung: Boten und Dienstmädchen, Cyborgs und Parasiten, Trickser, Dolmetscher, Schiedsrichter, Parias, Gaukler und Rivalen. Auch in theoretischen Figurationen schlagen sich neue Sensibilitäten für Grenzziehung und Differenz nieder: in Konzepten wie «Third Space», «Hybridität» oder «drittes Geschlecht».
Das Reden über hybride Zwischenräume fand in den letzten Jahren auch Einzug in die Debatte über den Strukturwandel der Hochschulen, der seit den 1990er-Jahren, ausgelöst durch die Reformen des «New Public Management», voranschreitet. Die englische Bildungsforscherin Celia Whitchurch, eine der prägenden Stimmen in der Diskussion, führte 2008 – in Anlehnung an den indischen Theoretiker des Postkolonialismus Homi Bhaba – das Konzept des «Third Space» in die Debatte ein.

Zwischen Wissenschaft und Verwaltung

Der promovierte Soziologe, der ein Forschungsprojekt koordiniert, Workshops durchführt und Spesen abrechnet, die Betriebswissenschaftlerin mit MBA-Abschluss, die eine Graduate School aufbaut, die Informatikerin, die Forschungsdaten und digitale Infrastrukturen kuratiert, der Psychologe, der für die Qualitätskontrolle im Prüfungssystem zuständig ist: Sie alle übernehmen in einem Kontinuum zwischen den Polen Wissenschaft und Verwaltung in verschiedenen Rollen Übersetzungs- und Vermittlungsaufgaben.
Am 22. März diskutierten an der Veranstaltung «Third Space – Lehre und Forschung als kollektive Leistung» rund 40 Personen aus dem akademischen Feld – viele von ihnen selbst im Third Space tätig – über neue Wege und Positionen in diesem hybriden akademischen Zwischenraum. Ausgangspunkt der Veranstaltung war der Bericht «Next Generation: Für eine wirksame Nachwuchsförderung», den die SAGW 2018 publiziert hatte.

Dienstboten oder Dolmetscher?

Im Zentrum der Veranstaltung stand die offene Diskussion, die sich stark um Fragen der Selektion, der Terminologie sowie um die Reputation von Third Space-Mitarbeitenden drehte. In der Schweiz arbeiten zwischen rund 5000 und 8000 Postdocs in befristeten Anstellungen. Nur wenige von ihnen werden je einen unbefristeten Arbeitsvertrag im Bereich der akademischen Forschung und Lehre erhalten. Könnten neue, unbefristete Positionen im Third Space dem wissenschaftlichen Nachwuchs neue Perspektiven bieten? Mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer äusserten Bedenken gegenüber diesem Zugang. Denn wer im Third Space arbeitet, muss ein doppeltes Anforderungsprofil erfüllen. Nicht nur Vertrautheit mit den Kernfunktionen von Forschung und Lehre gehört dazu, sondern auch Expertise über das Hochschulsystem (was für Forscher und Hochschullehrer nicht unbedingt gelten muss). Wer ist für solche Funktionen besser geeignet, der promovierte Wissenschaftler mit Flair für Organisatorisches oder der Manager mit Affinität zur Forschung? Und stehen ihre Funktionen in der Hierarchie näher beim Dienstboten oder beim Dolmetscher?

«I am not a manager!»

Ist es der erste Zweck der Debatte, schlicht zu benennen, was bereits da ist, und, wie es eine Teilnehmerin formulierte, ein «Feintuning» innerhalb der bestehenden Struktur vorzunehmen? Bezeichnungen für die Personen im akademischen Zwischenraum gibt es einige: «Third Space Professionals», «New Professionals», «Manager Academics» oder im deutschen Sprachraum auch «Hochschulprofessionelle» oder schlicht «Forschungs-» oder «Universitätsmanager». Eine Teilnehmerin sagte dazu dezidiert: «I am not a manager!» Letztlich sei auch «Third Space» «nur ein Begriff», sagte Celia Whitchurch, die an der Veranstaltung einen Keynote-Vortrag hielt. Er sei aber ein nützlicher Begriff, denn er verschaffe wenig sichtbaren Tätigkeiten Sichtbarkeit und helfe den Akteuren, ihre Rolle im Hochschulsystem zu entwickeln und zu kommunizieren.

Brückenbauer oder Nutzniesser?

Die Frage nach der Terminologie und der Begrifflichkeit ist so gesehen keineswegs banal. Viele Voten hoben in der Diskussion denn auch hervor, dass es letztlich um stärkere Anerkennung der geleisteten Arbeiten in den Bereichen akademischer Koordination, Organisation und Support gehe. Denn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler blicken nicht selten misstrauisch auf die Koordinatorinnen, Qualitätsmanager und Marketingexpertinnen. Letztlich geht es also auch um die Frage, ob sie von den Angehörigen der traditionellen institutionellen Ordnung als unverzichtbare Brückenbauer wahrgenommen werden oder als lästige Nutzniesser mit zu viel Gewicht gegenüber der akademischen Forschung. Klare Namen und Funktionsbezeichnungen wären in dieser Diskussion sicher nicht hinderlich.

Ein Follow-up zur Veranstaltung finden Sie auf der Website der SAGW.