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Bildung für alle

Das Schweizer Bildungssystem ist durchlässig. Aber der Bildungserfolg wird letztlich immer noch vom sozialen Status der Eltern beeinflusst.

Die Schweiz hat ein durchlässiges Bildungssystem, das viele Wege offenlässt und es erlaubt, verschiedene Ausbildungswege zu beschreiten. Das wurde vor ein paar Tagen wieder betont: In einem kürzlich erschienenen Interview ist zu lesen, Bundesrat Guy Parmelin habe damals seine Eltern zuliebe das Gymnasium besucht, obwohl für ihn schon früh klar war, dass er Landwirt und Winzer werden möchte. «Wir mussten uns entscheiden: entweder berufs- oder allgemeinbildender Weg. Heute sind beide Wege glücklicherweise gleichwertig, wenn auch andersartig», so Parmelin. Vieles hat sich in den letzten Jahren verbessert.

Durchlässigkeit: ja. Aber...

Die Umsetzung ist allerdings nicht ganz so einfach, wie die Diskussion an der Tagung «Übergänge von der Sekundar- zur Tertiärstufe» Anfang Mai zeigte: Zwar besteht auch während oder nach einer Lehre die Möglichkeit, eine Berufsmatur zu absolvieren und sich so den Zugang zu den Hochschulen zu sichern. Aber um die Berufsmatur zeitgleich zu absolvieren, braucht es Lehrbetriebe, welche diesen Zusatzaufwand leisten können und wollen. Und die Berufsmatur im Anschluss an die Lehre nachzuholen, ist schwierig, weil möglicherweise bis dahin drei Jahre Fremdsprachenunterricht fehlen.

Status gut, alles gut

Zudem hat die Bildungsreform der letzten Jahre wenig daran geändert, dass die Wahrscheinlichkeit eines Hochschulabschlusses entscheidend vom sozialen Status der Eltern abhängt. Margrit Stamm thematisiert diese Schwierigkeit in ihrem eben veröffentlichten Buch «Arbeiterkinder und ihre Aufstiegsangst». In ihrem Blog fasst sie die Situation wie folgt zusammen: «Trotz des Ausbaus des Bildungssystems und der zunehmenden Beteiligung in höheren Bildungsstufen, meist «Bildungsexpansion» genannt, hängen die Bildungschancen von leistungsfremden Kriterien ab, wie der sozialen und kulturellen Herkunft, dem Migrationshintergrund oder dem Geschlecht.»

Soziale Selektivität als Spielball der Politik

Die Problematik ist auch in der Politik bekannt. Mitte April reichte die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur die Motion «Massnahmen zur Verringerung der sozialen Selektivität» ein. Der Bundesrat wird die Thematik in der BFI-Botschaft 2021-2024 aufgreifen. Er ortet aber primär Handlungsbedarf in den Bereichen frühkindliche Förderung, Übergang von der Sekundarstufe 1 zur Sekundarstufe 2 und Sprachförderung. Für solche Fragen seien die Kantone zuständig. Der Bundesrat lehnt die Motion daher ab. Nächste Woche, am 18. September, wird das Geschäft im Nationalrat behandelt.

Die SAGW beschäftigt sich schon länger mit dem Thema "Bildung" und wird auch die neusten Entwicklungen mitverfolgen.