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Stellungnahme der SAGW zum Verfassungsartikel «Forschung am Menschen»

Stellungnahmen

Die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften unterstützt den Mehrheitsantrag der WBK-N zum Verfassungsartikel zur Forschung am Menschen

Stellungnahme der SAGW zuhanden des Nationalrates

Die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften unterstützt den Mehrheitsantrag der WBK-N zum Verfassungsartikel zur Forschung am Menschen

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Nationalrätinnen und Nationalräte

In der gegenwärtigen parlamentarischen Diskussion über den Verfassungsartikel zur Forschung am Menschen werden auch mögliche Auswirkungen des Entwurfes auf die Sozialwissenschaften debattiert. Die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) hat zur Kenntnis genommen, dass ihre Position zur Vorlage in dieser Frage offenbar ungenügend bekannt ist. Bereits am 7. April hat sich die SAGW im Rahmen einer Stellungnahme des Verbundes der Akademien der Wissenschaften Schweiz in Abstimmung mit den Partnerorganisationen des SNF und der CRUS klar für den Entwurf des Bundesrats ausgesprochen.

Ausgehend von einer Initiative von Rainer J. Schweizer ist allerdings in unseren Kreisen eine gewisse Unruhe entstanden, indem „Worst case-Szenarien“ entwickelt wurden, wonach die sozialwissenschaftliche Forschung durch den vorliegenden Verfassungstext massiv behindert würde. Aus dieser Aktion ging eine von über 40 Geistes- und Sozialwissenschafter-/innen unterzeichnete Resolution hervor, welche die Streichung des zweiten und dritten Absatzes des Artikels fordert. Die SAGW hält jedoch klar fest, dass sie die diesen Forderungen zugrundeliegenden Befürchtungen nicht teilt und die von der WBK-N verabschiedete Fassung des Artikels unterstützt.


Selbstverständlich ist auch der SAGW an einer weitgehend uneingeschränkten sozialwissenschaftlichen Forschungstätigkeit gelegen. Im Gegensatz zu den kursierenden Resolutionen sind wir jedoch überzeugt, dass die geforderten Streichungen des zweiten und dritten Absatzes der Sache nicht dienlich sind. Der gegenwärtige Text fragt konsequent nach dem Gefährungspotential für Personen, die an Forschungsprojekten beteiligt sind. Nur dort, wo die bereits bestehende Gesetzgebung (Personen- und Datenschutz etc.) nicht genügt, bietet der Verfassungsartikel die Grundlage für mögliche Präzisierungen auf Gesetzesstufe. Das für die Sozialwissenschaften in einigen Forschungssettings grundlegende Prinzip der nicht Vollständigen Aufklärung („informed consent“) der beteiligten Personen wird damit nicht in Frage gestellt; ausserdem ist gerade die Erwähnung der unmündigen Personen im Artikel von grosser Bedeutung, da die noch wenig entwickelte Forschung mit dieser Gruppe ohne diese verfassungsmässige Grundlage entscheidend gefährdet würde.


Im Interesse der sozialwissenschaftlichen Forschung empfiehlt die SAGW deshalb die Annahme des Verfassungsartikels in der vorliegenden Form.

Wir danken Ihnen für Ihr Engagement in dieser Sache und verbleiben mit freundlichen Grüssen


Prof. Dr. Heinz Gutscher, Präsident Sektion Sozialwissenschaften

Dr. Markus Zürcher, Generalsekretär SAGW