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Grundlagen schaffen! Digitale Ressourcen für die Geisteswissenschaften

Heinz Nauer
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Offene, vernetzte Daten und Ergebnisse sind die Basis für digitale Geisteswissenschaften. Die Schweiz macht einen Schritt vorwärts und tritt dem europäischen Verbund Dariah bei.

Die Digital Humanities befinden sich in der Schweiz derzeit in einer Phase der Institutionalisierung und der Regulierung. Die Grundsatzfrage, ob es sich überhaupt lohnt, geisteswissenschaftliche Themen mit digitalen Methoden anzugehen, sei in der Schweiz zugunsten der Digital Humanities entschieden, schreibt Beat Immenhauser, stellvertretender Generalsekretär der SAGW, in einem kürzlich publizierten Aufsatz.

Das Feld der Digital Humanities wurde wesentlich durch inter- und transdisziplinäre Inputs vorangetrieben. Die Innovationen in diesem Prozess seien dabei von den Rändern her gekommen und weniger von etablierten GeisteswissenschaftlerInnen, äusserte sich Gerhard Lauer, Leiter des Digital Humanities Lab in Basel, 2018 gegenüber dem Magazin UniNova.

International vernetzt: Schweiz wird Mitglied bei Dariah

Eine wichtige Grundlage für die digitale Geisteswissenschaften sind langfristige Forschungsunternehmen, die Daten und Forschungsergebnisse kuratieren und der Forschung langfristig zur Verfügung stellen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die internationale Vernetzung – von Forscherinnen und Forschern, Daten, Ideen und Institutionen.

Im November ist die Schweiz im Status einer Beobachterin dem europäischen Verbund digitaler Forschungsinfrastrukturen für Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler Dariah beigetreten. Der entsprechende Antrag wurde am 11. November an der Generalversammlung von Dariah angenommen. Repräsentiert wird die Schweiz bei Dariah durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF), die Koordination übernimmt das «Data and Service Center for the Humanities» in Basel. Die Beteiligung der Schweiz ist ein Meilenstein für das 2018 gegründete Konsortium Dariah-CH, dem sieben Hochschulen und die SAGW angehören.

Auch bei Clarin (Common Language Resources and Technology Infrastructure), dem Pendant von Dariah für die mit digitalen Sprachdaten arbeitenden Disziplinen, geht es vorwärts: Am 18. Dezember 2020 hat sich das nationale Konsortium Clarin-CH gebildet, als nächstes soll der Antrag für die Beteiligung als Observer bei Clarin-EU vorbereitet werden.

Langfristige Forschungsunternehmen besser sichtbar machen

Die SAGW ist eine der wichtigsten Trägerinnen von langfristigen Forschungsinfrastrukturen in der Schweiz (vgl. Factsheet von 2017), möchte aber darüber hinaus Orientierung schaffen in der mitunter unübersichtlichen Landschaft von langfristigen Initiativen und Projekten in diesem Bereich. Seit 2016 arbeitet sie deshalb mit der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften zusammen, die seit 2015 ein Akademienportal unter dem Titel «A European Science Academies Gateway for the Humanities and Social Sciences» (kurz: Agate) entwickelt.

Agate betreibt eine Datenbank, die für Deutschland gegenwärtig 279 Einträge mit langfristigen Editionen, Sammlungen, Wörterbüchern und Datenrepositorien verzeichnet. Für die Schweiz wurden bislang rund 60 Projekte identifiziert, wovon 23 Projekte bereits erfasst sind: Von Plattformen wie «Année Politique Suisse» oder «Diplomatische Dokumente der Schweiz» bis zu digitalen Editionen der gesammelten Werke des Kunsthistorikers Heinrich Wölfflin oder von Manuskripten Friedrich Nietzsches.

Transfer von acht Editionen vom SNF zur SAGW

2021 übernimmt die SAGW acht Editionen vom SNF. Transferiert werden: Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, Basler Edition der Bernoulli-Briefwechsel, Edition Johann Caspar Lavater, Anton Webern Gesamtausgabe, Katalogisierung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Handschriften, Kritische Robert Walser-Ausgabe, Gotthelf-Edition, Literarischer Nachlass von Karl Barth.

Zusammen mit den Projektpartnern sollen dabei auch zentrale Anliegen der Open-Science-Initiative realisiert werden, wie sie in der Open-Science-Policy der SAGW formuliert sind. Der Transfer der Editionen vom SNF zur SAGW bedeutet zudem ein weiterer Schritt in der Ausdifferenzierung von Zuständigkeiten in der fragmentierten Schweizer Förderlandschaft: Der SNF wird weiterhin für Editionen mit einer Laufzeit von unter 12 Jahren zuständig sein, die SAGW für die längerfristigen Projekte.