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Mehr Chancengleichheit im Schweizer Bildungssystem

In der Schweiz beeinflussen die sozioökonomische Herkunft und das Bildungsniveau des Elternhauses den Bildungserfolg. Zum Abbau der sozialen Selektivität schlägt der Schweizerische Wissenschaftsrat Massnahmen vor, die auch Reformen ausserhalb des formalen Bildungssystems umfassen.

Bildungserfolg ist in der Schweiz von sozioökonomischen Ressourcen und dem Bildungsniveau des Elternhauses abhängig. Das ist nicht nur ungerecht, sondern verschärft auch den Fachkräftemangel. Im SWR-Blog nimmt der Gymnasial- und Wirtschaftspädagoge Franz Eberle die Thematik auf: «Die Beseitigung der sozialen Selektivität unterstützt nicht nur die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern am gesellschaftlichen Geschehen und bei der Gestaltung ihres Lebens (Sozialintegration), sondern ist auch wirtschaftlich von höchster Bedeutung.» Eine Reduktion der sozialen Selektivität solle dabei «nicht zu einer 'Akademisierung' der Schweizer Bildungslandschaft führen, sondern eine gerechte Chancenverteilung bei Übertritten im Bildungssystem unabhängig von Herkunft und sozioökonomischem Status des Elternhauses garantieren.»

Der SWR schlägt Massnahmen vor, unter anderm in den Bereichen der Sprachförderung und Ausbildung und Sensibilisierung von Lehrpersonen. «Auch sollten unterstützende Massnahmen zur Gewährleistung und systematischen Überprüfung der Chancengleichheit an den Übergängen und bei den Auswahlverfahren im Schweizer Bildungssystem in Betracht gezogen werden.»

Die SAGW beschäftig sich bereits länger mit dieser Thematik. An der Tagung «Übergänge von der Sekundär- zur Tertiärstufe» vom 23. Mai 2019 in Fribourg identifizierte Daniel Oesch, Soziologieprofessor an der Universität Lausanne, ein «soziales Nadelöhr». Er erklärt das unter anderem damit, dass Eltern mit hohem sozialem Status ihren Sprösslingen Nachhilfestunden und Vorbereitungskurse finanzierten.

Im kürzlich erschienen SAGW-Bericht «Tertiarisierungsdruck – Herausforderungen für das Bildungssystem, den Arbeitsmarkt und das einzelne Individuum» skizzieren die beiden Autorinnen Irene Kriesi und Regula Julia Lehmann nicht nur die Hintergründe für die zunehmende Nachfrage nach Abschlüssen auf Tertiärstufe, sondern beschreiben auch, welche individuellen Merkmale zu Bildungsungleichheiten führen. Die erkannten Problemstellungen und offenen Fragen werden am 18. März mit PolitikerInnen und BildungsforscherInnen diskutiert. Wir werden über die Ergebnisse berichten.

NACHTRAG: Das Treffen vom 18. März 2020 wurde wegen der Ausbreitung des Coronavirus abgesagt.

 

SWR-Blogbeitrag «Überwindung der sozialen Selektivität»

Empfehlungen des Schweizerischen Wissenschaftsrates SWR für die BFI-Botschaft 2021–2024

Tagungsbericht «Übergänge von der Sekundär- zur Tertiärstufe»

Bericht «Tertiarisierungsdruck – Herausforderungen für das Bildungssystem, den Arbeitsmarkt und das einzelne Individuum» (PDF)