Projekt ant21

Im Jahre 1944 erschien der erste Jahrgang der Zeitschrift Museum Helveticum (MH), der ersten gesamtschweizerischen Zeitschrift für Altertumswissenschaften. Die Schweizerische Vereinigung für Altertumswissenschaft (SVAW), die Herausgeberin der Zeitschrift, lädt aus Anlass des 75. Jahrgangs des MH vom 14. bis 16. November 2019 in Fribourg zu einem Kolloquium ein, das Gelegenheit geben will, eine kritische Standortbestimmung der Altertumswissenschaften und ihrer Perspektiven im 21. Jahrhundert vorzunehmen. Ziel ist es, alle, die an der Antike interessiert sind, zu einer gemeinsamen Reflexion zusammenführen: Lehrpersonen an Schweizer Gymnasien, KulturvermittlerInnen aus Museen und archäologischen Diensten, das interessierte Publikum, DozentInnen an Universitäten und NachwuchsforscherInnen.

Altertumswissenschaften besitzen in unserer Gegenwart eine breite öffentliche Präsenz in der Schweiz. Ihr Platz wurde seit dem 19. Jahrhundert geschaffen durch die Leistungen unzähliger Spezialistinnen und Spezialisten der Klassischen Philologie, der Archäologie, der Numismatik, der Epigraphik, der Alten Geschichte, der ägyptischen und vorderasiatischen Kulturen und der antiken Religionen. Heute werden in den Gymnasien im Unterricht Latein, Griechisch und Geschichte vermittelt; spezialisierte Museen und Sonderausstellungen stellen Aspekte der Antike einer breiteren interessierten Öffentlichkeit vor; archäologische Dienste erfassen materielle Dokumente und die Monumente werden touristisch ausgewertet; auf den Theaterbühnen kommen griechische Tragödien und Komödien zur Aufführung; die Universitäten führen Studierende in Wissen, Sprachen, Techniken und Methoden der Untersuchung des Altertums ein und erweitern unsere Kenntnisse durch ihre Forschungen.

Dennoch unterscheidet sich die Rolle, die die Altertumswissenschaften im 21. Jahrhundert in Gesellschaft und in den Geisteswissenschaften spielen, grundlegend von ihrer Bedeutung vor einem Jahrhundert: Die einstige Leitdisziplin bürgerlich-humanistischer Bildung verfügt nicht mehr über die selbstverständliche führende Stellung, die ihr im 19. Jahrhundert zugewachsen war. Vor diesem Hintergrund verzichtet die SVAW bewusst darauf, den Blick nur in die Vergangenheit zu richten und die vielfältigen Leistungen schweizerischer AltertumswissenschaftlerInnen zu würdigen; mit dem Kolloquium "Altertumswissenschaften im 21. Jahrhundert" will sie vielmehr ein Forum bereitstellen für den Austausch unter ForscherInnen, LehrerInnen, KulturvermittlerInnen und einer breiteren Öffentlichkeit, um die aktuellen Herausforderungen an die Altertumswissenschaften und ihre Entwicklungen für die Zukunft als Teil der Erneuerung der Geisteswissenschaften zu diskutieren.

Für die gemeinsame Reflexion schlägt das Kolloquium vier Ansätze vor: Erstens werden die in einem Projekt des SNF ("Helvetische Übersetzungen der Antike", 2015–2019) erarbeiteten Ergebnisse der kritischen Untersuchung der Geschichte der Altertumswissenschaften in der Schweiz zur Diskussion gestellt, um so eine historische Grundlage für die Diskussion ihrer Aktualität zu schaffen. Zweitens erhalten NachwuchsforscherInnen die Gelegenheit, ihre Projekte in einer Posterausstellung einem kompetenten und interessierten Publikum vorzustellen. Drittens erörtern ExpertInnen im Austausch mit dem Publikum stellvertretend für die methodischen Innovationen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die drei konzeptuellen Ansätze der Historischen Anthropologie, der Geschlechterforschung und der Narratologie in den Altertumswissenschaften. Schliesslich bieten fünf Workshops zu aktuellen Herausforderungen der Altertumswissenschaften – Globalisierung, Digitalisierung, das Konzept Altertum, die Kooperation von Schule-Museum-Universität, Posthumanismus – allen TeilnehmerInnen die Gelegenheit, Perspektiven für die Altertumswissenschaften der Zukunft zu entwerfen. Ihre Ideen und Vorschläge werden das Kolloquium beschliessen.

Tagungsbericht (Museum Helveticum 77/1, 2020)

Tagungsprogramm (14.–16. November 2019)

Workshops

Postersession

Poster

Projektleitung

  • Prof. Dr. Thomas Späth, Dozent für Antike Kulturen und Antikekonstruktionen, Universität Bern
  • Prof. Dr David Bouvier, Professeur ordinaire de grec ancien, Université de Lausanne
  • Prof. Dr. Karin Schlapbach, Professorin für Lateinische Sprach- und Literaturwissenschaft, Universität Freiburg
  • Dr. Jens Bartels, Wissenschaftlicher Oberassistent, Historisches Seminar, Universität Zürich
  • lic. phil. Jeannette Kraese

Projektmitarbeiter

  • Prof. Dr. Stefan Rebenich, Co-Leiter des SNF-Projekts "Helvetische Übersetzungen der Antike"
  • MA Silvia Guerreiro, Doktorandin im SNF-Projekt "Helvetische Übersetzungen der Antike"
  • Dr. Ilse Hilbold, collaboratrice post-doctorale au projet FNS "Traductions helvétiques de l'Antiquité"
  • MA Severin Thomi, Doktorand im SNF-Projekt "Helvetische Übersetzungen der Antike"

Helvetische Übersetzungen der Antike

Floriane Tissières und ihr Werk "Chaos"