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Thomas Bearth: Ebola-Bedrohungsszenarien als kommunikative Herausforderung

11.11.2019, 18:15 - 19:45
Universität Zürich, Rämistrasse 71, 8000 Zürich

Vortrag in der Ringvorlesung Senior Academics "«One Health» – Gesundheit und Krankheit aus interdisziplinärer Perspektive"

Die Ebola-Epidemie in Westafrika (2014-2016) machte deutlich, dass Vorstellungen von Natur und Ursache der Bedrohung bei der betroffenen Bevölkerung zur Missachtung der präventiven Massnahmen und damit zur rasanten Weiterverbreitung des tödlichen Virus beitrugen. Mit dem Auftreten einzelner Fälle ausserhalb der Krisenzone wird Ebola zur Gefahr für die globale Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation ruft den globalen Notstand aus. Damit erfolgt eine Umkehr des Bedrohungsszenarios: Ebola wird zur «Gefahr aus dem Dschungel» (NZZ, 6.11.2014).
Im Unterschied dazu bleibt die mediale Wahrnehmung der Bedrohung durch die neuerliche Ebola-Welle im Osten Kongos bislang auf die regionale Dimension beschränkt. Die Palliativwirkung des von der Medizin entwickelten Impfstoffs auf die sich nun vom «Dschungel» weniger bedroht fühlende Weltgemeinschaft darf indessen nicht über das vor Ort nach wie vor bestehende Informationsdefizit und seine gravierenden Auswirkungen hinweg täuschen: Dieses vervielfacht nicht nur die Risiken und Leiden der betroffenen Bevölkerung, sondern wendet sich als Umkehrung der Bedrohung gegen die mit der Bekämpfung der Epidemie betrauten Institutionen und ihre Mitarbeiter.

Drei Fragen stellen sich in diesem Zusammenhang: 1. Warum gelingt es Regierungen und Gesundheitspersonal nur bedingt, das Wissen um die Natur der Krankheit und ihre Übertragung, und damit die Einsicht in die Notwendigkeit der daraus folgenden Massnahmen, in lokal verträglicher Dosierung und Formulierung umfassend zu vermitteln? 2. Wie erklärt sich die schockierende Regelmässigkeit der Umkehrung der Bedrohungsszenarien, und dies keineswegs nur in politisch unstabilen Kontexten wie im Osten des Kongo? 3. Kann eine Umkehrung des Rollenverständnisses der primär Betroffenen, wie Ende 2014 vom UNO-Sonderbeauftragten vorgeschlagen, zu aktiv an der Bewältigung eines globalen Gesundheitsrisikos mitwirkenden «global players», kann die dazu erforderliche Schliessung von grundlegenden Wissenslücken, etwa zur Pathogenese von Infektionskrankheiten, ohne Durchbrechung des Monopols der Kolonial- und ohne Einbezug der Lokalsprachen gelingen? Eine kurz zuvor in Zusammenarbeit mit dem schweizerischen Forschungsinstitut an der Elfenbeinküste (CSRS) unter Beteiligung verschiedener Fachrichtungen, des medizinischen Korps im Risikogebiet und von Vertretern unmittelbar exponierter Dorfgemeinschaften durchgeführte Tagung hatte zu Erkenntnissen und Lösungsansätzen geführt, deren Umsetzung mit dem Abflauen der akuten Bedrohung zwar als medienwirksames Thema an Aktualität verloren haben mag, nicht aber als vornehmste Aufgabe einer interdisziplinären, der gesundheitlichen Chancengleichheit und Eigenverantwortlichkeit auf globaler Ebene verpflichteten «Health science». Voraussetzung ist, wie am Beispiel der Schnittstelle von zoonotischer Ätiologie der Ebolaseuche, lokalem Wissen über dafür relevante Tierspezies und deren ökonomischem Nutzen zu zeigen sein wird, die Überarbeitung des Katalogs der an «One Health» und analogen Programmen (etwa im Rahmen der Agenda 2030) zu beteiligenden Disziplinen unter dem Gesichtspunkt ihrer kommunikativen Nachhaltigkeit.

Ort

Rämistrasse 71, 8006 Zürich, Raum KOL F-104

Mehr

www.pdverein.uzh.ch/de/Ringvorlesung.html

Kontakt

Prof. Dr. Wolfgang Rother (Mail)

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