Veranstaltungsdetails

Für eine neue Kultur der Geisteswissenschaften?

30.11.2011, 11:33 - 02.12.2011, 11:33

Ein pluralistisches Theorieverständnis, methodische Vielfalt, eine Vielzahl von Untersuchungsgegenständen sowie die hohe Bedeutung der Individualforschung zeichnen die Geisteswissenschaften aus. Zunehmend gerät dieses Wissenschaftsverständnis in Kollision mit Megatrends in anderen wissenschaftlichen Disziplinen und mit wissenschafts- und forschungspolitischen Vorgaben. Wir beobachten eine Verschmelzung von Disziplinen zu neuen Konglomeraten (Life Sciences, Convergent Technologies), die Standardisierung von Methoden und Verfahren und die Ausrichtung auf Grossprojekte. Hinzu kommt, dass andere Wissenschaftsbereiche zumindest gegen Aussen mit hoher Geschlossenheit auftreten. Dem steht ein selbstkritisches Verständnis der Geisteswissenschaften gegenüber dem eigenen Tun und ihren Objekten entgegen. Die Problematisierung der Geisteswissenschaften manifestiert sich nicht nur und nicht hauptsächlich in der Aussenwahrnehmung – sie ist als Folge eines problematisierenden Selbstverständnisses der Selbstwahrnehmung eingeschrieben. So stellt sich die Frage, ob eine «neue» Wissenschaftskultur für die Geisteswissenschaften notwendig geworden ist und wie diese auszusehen hätte. Mit der Tagung soll eine disziplinenübergreifende Debatte über die künftige Position der Geisteswissenschaften lanciert werden; sie bildet den Auftakt für weiterführende Aktivitäten.

Struktur der Tagung

Wir beleuchten die geisteswissenschaftliche Praxis querschnittlich anhand von vier zentralen Handlungsfeldern: Forschung, Lehre, Hochschulsteuerung und Öffentlichkeit. Jedes dieser Felder wird aus verschiedenen Aussen- und Innenansichten exploriert und unter einem bestimmten Problematisierungsbegriff durchleuchtet, welcher die aktuelle Problemlage gut greifbar macht. Folgende Themenfelder gliedern die Tagung:

  • Forschung: Projektifizierung
  • Lehre: Employability
  • Hochschulsteuerung: Qualität und Leistung
  • Öffentlichkeit: Nutzungskontexte

Zu jedem Thema holen wir drei bis vier Statements von Akteuren unterschiedlicher Provenienz ein, die exemplarisch verschiedene Innen- und Aussensichten abdecken. In den die vier Sessions jeweils abschliessenden Podiumsdiskussionen werden ein bis zwei weitere Teilnehmende eingeladen. Ihnen soll die Funktion zukommen, mit ihren Statements kommentierend auf die Referate einzugehen und erste Diskussionspunkte herauszuarbeiten.

Ziele

  • Lancierung einer disziplinenübergreifenden Diskussion zur Frage, wie die Wissenschaftskultur der Geisteswissenschaften unter Berücksichtigung der vorherrschenden bildungs- und wirtschaftspolitischen Wandlungsprozesse zukünftig definiert werden soll.
  • Bedürfnisse, die von unterschiedlichen Anspruchsgruppen (Studierende, Arbeitgeber, Forschungsförderung, Politik) an die Geisteswissenschaften gestellt werden, aufnehmen und überdenken.
  • Eruieren von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der Lehre und Forschung der unterschiedlichen geisteswissenschaftlichen Felder.
  • Massnahmen und Strategien ableiten, wie den problematisierten Herausforderungen (Projektifizierung, Employability, Qualitätsmessung, Nutzungskontexte) begegnet werden könnte.
  • Aus der erfolgten Standortbestimmung heraus ist zu klären, welche nächsten Schritte in der Diskussion zu einer neuen Wissenschaftskultur der Geisteswissenschaften unternommen werden sollen.

Leitfragen

  • Besteht Konsens darüber, was gute geisteswissenschaftliche Forschung ausmacht?
  • Wie und mit welcher Art von Beiträgen können die Geisteswissenschaften ihre gesellschaftliche Relevanz verdeutlichen?
  • Inwiefern divergieren Innensicht und Aussensicht auf die problematisierten Herausforderungen an die Geisteswissenschaften? Können und wollen die Geisteswissenschaften beiden Perspektiven gerecht werden?
  • Gibt es spezifische Kompetenzen, die in allen geisteswissenschaftlichen Disziplinen gleichermassen bedeutsam sind? In welchen Punkten soll das Konzept der Employability bei der Curriculumsplanung bedacht werden?
  • Welche Qualitätsmerkmale guter geisteswissenschaftlicher Forschung und Lehre lassen sich für alle dazugehörigen Disziplinen formulieren? Wo liegen allenfalls disziplinenspezifische Unterschiede?
  • Wie können die Geisteswissenschaften konstruktiv auf den Trend der Etablierung von Messverfahren der Forschungsleistung reagieren?


Organisation

Die Tagung wird in Zusammenarbeit mit dem Programm für Wissenschaftsforschung der Universität Basel durchgeführt. Konzeptionell erarbeitet wurde das Tagungsprogramm in einer für diesen Schwerpunkt zusammengesetzten Arbeitsgruppe unter Mithilfe folgender Personen:

  • Fritz Böhler (Universität Basel)
  • Prof. Dr. Jürg Glauser (Universität Zürich)
  • Prof. Dr. Sabine Maasen (Universität Basel)
  • Prof. Dr. Silvia Naef (Université de Genève)
  • Prof. Dr. Jacques Picard (Universität Basel)
  • Prof. Dr. Virginia Richter (Universität Bern)
  • Dr. Markus Zürcher, SAGW
  • Dr. Beat Immenhauser, SAGW