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Ein toxisches Arbeitsumfeld? Debatte zu den Arbeitsbedingungen des Mittelbaus

Wie zufrieden seid Ihr? Das wollte das Zürcher Studierendenmagazin «etü» von den rund 90 Mittelbauangehörigen des Historischen Seminars wissen. Die Hälfte von ihnen hat auf die Online-Umfrage geantwortet. Die Resultate hat das Magazin Mitte Februar publiziert. Zwei Drittel geben an, dass sie mehr als das vereinbarte Pensum arbeiten würden, die Hälfte gar, dass sie sich manchmal ausgebeutet fühlen. Der Seminarvorstand relativierte die Ergebnisse in einer Stellungnahme. Co-Seminarvorstand Simon Teuscher hingegen spricht sich im Interview für höhere Löhne und vor allem höhere Pensen im Mittelbau aus.

Die von vielen Betroffenen als prekär angesehenen Verhältnisse im akademischen Mittelbau sind längst auch Thema in den Massenmedien: Die akademische Welt sei zu einer «toxischen Arbeitsumgebung» geworden («un environnement de travail toxique»), heisst es etwa in einem von fünf Neuenburger Soziologie-Postdocs verfassten Meinungsbeitrag in der Zeitung «Le Temps». Und: Der Bundesrat, der Nationalfonds und die Hochschulen sollten das Unbehagen von Doktorandinnen, Postdocs, Forscherinnen und Forschern dringend ernst nehmen und die Konsequenzen für ihre Forschungspolitik ziehen. Dem Beitrag vorausgegangen war ein im Januar publizierter Artikel in der «Tribune de Genève» über prekäre Arbeitsbedingungen an der Universität Genf.

Bildet die Schweiz zu viele Forscher aus?

2018 verliehen die Schweizer Universitäten insgesamt 4164 Doktorate, 2005 waren es noch 3100. Ein neuer Bericht der Schweizerischen Vereinigung für Politische Wissenschaft untersuchte die Situation in ihrem Feld undempfiehlt eine offenere Debatte über die Zahl und die Karrierechancen der Doktorierenden. Eine 20-minütige Debattensendung von Radio Télévision Suisse mit prominenter Beteiligung aus der Schweizer Forschungslandschaft stellte dieselbe Frage nach den Strukturen der Nachwuchsförderung im Hochschulsystem mit provokativerem Einschlag: «La Suisse forme-t-elle trop de chercheurs?»

Bereits 2018 hatte die SAGW im Bericht «Next Generation» eine strukturelle Vision für die zunehmende Zahl der Nachwuchsforscherinnen und -forscher in der Schweiz skizziert, die erweiterte Karrierewege und mehr unbefristete Anstellungen vorsah. Die Diskussion hat sich seither nochmals ausgeweitet. In Deutschland beispielsweise läuft seit bald einem Jahr eine Debatte über befristete Kettenverträge im akademischen Mittelbau. In der Schweiz publizierte Actionuni, der Dachverband der Mittelbauorganisationen, im Februar 2019 ein Positionspapier zum Thema.