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Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf zum Präventionsgesetz

Stellungnahmen

Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf zum Präventionsgesetz und zum Erlass über das Schweizerische Institut für Prävention und Gesundheitsförderung: Stellungnahme der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften

An das Bundesamt für Gesundheit
Abteilung multisektorale Projekte
3003 Bern

Bern, 21. Oktober 2008

Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf zum Präventionsgesetz und zum Erlass über das Schweizerische Institut für Prävention und Gesundheitsförderung: Stellungnahme der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften

Sehr geehrte Damen und Herren

Die Präventivmedizin rekurriert seit ihren Anfängen auf wissenschaftliche Kompetenzen, die den Geistes- und Sozialwissenschaften eigen sind. Diese leisten einen erheblichen Beitrag zur Analyse von Gesundheit und deren Förderung, indem sie Konzepte und Methoden bereitstellen, die für die Erfassung des allgemeinen Gesundheitszustandes hilfreich sind und die Ausarbeitung zielgenauer Massnahmen für verschiedene Bevölkerungsgruppen ermöglichen. Vor diesem Hintergrund sind die Geistes- und Sozialwissenschaften prädestiniert, zu den beiden Gesetzesentwürfen Stellung zu beziehen.

Die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) begrüsst das Präventionsgesetz, das einen dringenden und unentbehrlichen Beitrag für die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung leisten kann. Sie teilt insbesondere die umfassende Sichtweise auf die Gesundheit, wie sie in der Vorlage zum Ausdruck kommt. Basierend auf den durch die unten aufgeführten Expertinnen und Experten erarbeiteten Positionen nimmt die Akademie wie folgt Stellung:

Beitrag der Geistes- und Sozialwissenschaften zu den nationalen Zielsetzungen in der Prävention und der Gesundheitsförderung

Um überhaupt angemessene Ziele in der Prävention und der Gesundheitsförderung festlegen zu können, muss man zunächst in der Lage sein, die verschiedenen kulturellen Systeme in der Bevölkerung in vertiefter Weise zu verstehen – ein Unterfangen, dem sich nicht nur die klassischen Studien der quantitativen Soziologie gewidmet haben, sondern auch eine grosse Zahl von anthropologischen, linguistischen, politologischen und historischen Untersuchungen zur Entwicklung des Gesundheitsverhaltens oder des Verständnisses von Präventionsmassnahmen. Es ist deshalb unabdingbar, dass solche Fachpersonen für die Definition und die regelmässige 
Überprüfung der landesweiten Zielsetzungen involviert werden. Obwohl im erläuternden Bericht die Absicht genannt wird, die Dinge in umfassender Weise anzugehen (beispielsweise durch die Förderung neuer gesellschaftlicher Verhaltensweisen gegenüber dem Tabakkonsum), wird den Geistes- und Sozialwissenschaften in den Vorlagen zum Präventionsgesetz und zum Institut für Prävention und Gesundheitsförderung keine Rolle zugeordnet. Um ihre komplementären Kompetenzen einbringen zu können, wünscht die SAGW, dass die Geistes- und Sozialwissenschaften mit zwei fachkundigen Mitgliedern (etwa Professoren/-innen der Universitäten oder Fachhochschulen) im Institutsrat Einsitz nehmen (Art. 6 und 7 des Gesetzesentwurfs über das neue Institut).

Koordination der Fördermassnahmen für Forschung, Aus- und Weiterbildung mit den aktuellen Initiativen in der Ausbildung an Universitäten und Fachhochschulen

Obwohl in den Artikeln 18 und 19 des Präventionsgesetzes die Unterstützung des Bundes für Forschung und Innovation sowie Aus- und Weiterbildung in Aussicht gestellt wird, sind keine Koordinationsmassnahmen mit den laufenden Initiativen in den Hochschulen vorgesehen. Die Institute für Präventivmedizin sowie einzelne Fachhochschulen sind bereits heute intensiv in der Aus- und Weiterbildung im Gesundheitsbereich engagiert. Die beiden genannten Artikel sollten deshalb die Grundlage für eine verstärkte Koordination der Aktivitäten der betroffenen Hochschulen und des neuen Instituts legen.
Die SAGW regt überdies an, dass Artikel 26, der mit den Artikeln 18 und 19 zusammenhängt, mit folgendem Absatz ergänzt wird:

d. die Förderung der Forschung und Innovation im Sinne des Art. 18.

Es ist jedoch darauf zu achten, dass die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für die Forschung nicht zu Lasten der Umsetzung von Gesundheitsförderung und Prävention in der Praxis gehen dürfen. Die SAGW unterstützt deshalb die Forderung von Public Health Schweiz, wonach die Finanzierung der vorgeschlagenen Massnahmen besser geregelt werden muss (Verdoppelung des Anteils von 2,2% der Kosten für Prävention und Gesundheitsförderung an den Gesamtausgaben im Gesundheitsbereich).

Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen dem neuen Institut für Prävention und Gesundheitsförderung mit den Instituten für Präventivmedizin und den Hochschulen

Es ist zu begrüssen, dass die genannten Institutionen eine langfristige, klar geregelte Zusammenarbeit eingehen – unter der Voraussetzung allerdings, dass Forschungsarbeit nach wie vor unabhängig vom neu zu gründenden Institut geleistet werden kann. Nach der gegenwärtigen Aufgabenteilung wird die Grundlagenforschung und ein Teil der angewandten Forschung durch den Schweizer Nationalfonds (SNF) finanziert, während das Bundesamt für Gesundheit (BAG) angewandte Forschung durchführen lässt. Die Hauptlast der Kosten trägt damit der SNF, wodurch eine unabhängige Forschungsförderung und Qualitätssicherung gewährleistet wird. Aus diesem Grund schlägt die SAGW vor, einer Forderung von Public Health Schweiz folgend, den Absatz c) des Artikels 14 des Präventionsgesetzes zu streichen, da Forschungsprojekte über die üblichen Kanäle der Forschungsförderung zu finanzieren sind.

Wir danken Ihnen für eine wohlwollende Prüfung und verbleiben 
mit freundlichen Grüssen

Nadja Birbaumer
wissenschaftliche Mitarbeiterin

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