Thema der Veranstaltung
Die Menschen in der Schweiz werden immer älter – und sie wünschen sich, gesund alt werden zu dürfen. Dies setzt voraus, dass wir der Lebensqualität älterer Menschen und damit ihrer Inklusion in die Gesellschaft besondere Aufmerksamkeit schenken.
Die Teilhabe älterer Menschen am Gesellschaftsleben wirkt der Isolation entgegen und ermöglicht es, in Würde alt zu werden. Inklusion bedeutet auch, dass alle Menschen gleichberechtigten Zugang zu Informationen und Dienstleistungen aus dem Gesundheitswesen erhalten.
Dem multiperspektivischen Charakter der Medical Humanities verpflichtet, diskutieren wir Inklusion im Hinblick auf psychische und physische Einschränkungen, Demenzerkrankungen und Migrationserfahrungen. Wie hängen Alter(n) und Behinderungen zusammen? Was bedeutet Inklusion bei Demenz und wo liegen ihre Grenzen? Und was ist für das Wohlbefinden älterer Menschen mit Migrationshintergrund essenziell?
Sprachen: Erster Teil des Programms (Podiumsdiskussion): Deutsch und Französisch, mit Simultanübersetzung. Zweiter Teil des Programms (Lesung): Deutsch ohne Simultanübersetzung.
Eintritt frei. Anmeldung erforderlich bis zum 21. Oktober 2024
Veranstaltungsort: Lime Lounge in der PostFinance Arena, Mingerstrasse 12, Bern (Eingang 8)
Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Vom Bahnhof Bern mit Tram Nummer 9 bis zur Haltestelle Guisanplatz Expo (11 Minuten). Vom Bahnhof Bern Wankdorf aus zu Fuss erreichbar (15 Minuten).
Programm Erster Teil: Podiumsdiskussion
13.15 Uhr EINFÜHRUNG
Begrüssung durch Valérie Clerc, Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften
Einführende Worte durch Ueli Brügger, Schweizerischer Verband für Seniorenfragen
13.30 Uhr THEMA I: Alter(n) und Behinderung
Johannes Görbert, Universität Freiburg
Alter(n) und Behinderung: Gesellschaftliche Wahrnehmung
Was sind die Schnittmengen zwischen Alter(n) und Behinderung? Überschneidungen zeigen sich im Zusammenspiel von körperlichen und sozialen Faktoren, dem Verhältnis von Vorurteilen gegenüber Behinderung und gegenüber älteren Menschen, sowie in Aspekten der Pflege. Darüber hinaus müssen das Geschlecht, der soziale Status und andere Identitätskategorien berücksichtigt werden. Denn Alter(n) und Behinderung werden entscheidend von den gesellschaftlichen Wahrnehmungen beeinflusst, die sich historisch und interkulturell als höchst wandelbar darstellen.
Anschliessend Podiumsdiskussion und Diskussion mit dem Publikum.
14.10 Uhr THEMA II: Inklusion und Demenz
Andrea Radvanszky, Universität Zürich
Inklusion bei Demenz - Die Stimmen der Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen
Neben dem verbreiteten Defizitblick auf Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind, rückt heute zunehmend in den Mittelpunkt, wie sie ihr Leben und ihr Umfeld aktiv mitgestalten. Soziale Teilhabe und gemeinschaftliche Sorgestrukturen werden gefordert und gefördert. Doch was heisst Inklusion aus Sicht von Menschen mit einer demenziellen Erkrankung und aus Sicht jener Angehörigen, die sie unterstützen? Wie weit kann und soll Teilhabe gehen?
Anschliessend Podiumsdiskussion und Diskussion mit dem Publikum.
14.50 Uhr Pause
15.10 Uhr THEMA III: Wohlbefinden und Migration
Oana Ciobanu, Haute école de travail social et de la santé Lausanne
Was wissen wir über das Wohlbefinden älterer Migrantinnen und Migranten?
Wie hat die COVID-19-Pandemie das Wohlbefinden von älteren Menschen, insbesondere von Menschen mit Migrationshintergrund, beeinflusst? Wie steht es um die Lebenszufriedenheit von älteren Migrant·innen, die in der Schweiz leben? Wie lässt sich diese mit älteren Menschen, die dieselbe Herkunft haben, aber in ihrem Heimatland leben, oder mit der von Einheimischen im Zielland, vergleichen? Welche Unterschiede gibt es in Bezug auf Einsamkeit zwischen älteren Migrant·innen und Einheimischen?
Anschliessend Podiumsdiskussion und Diskussion mit dem Publikum.
Programm Zweiter Teil: Lesung mit David Wagner
16.10 Uhr EINFÜHRUNG
Begrüssung und einführende Worte durch Lea Haller, Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften
16.20 Uhr Lesung von David Wagner: «Der vergessliche Riese»
Anschliessend Diskussion mit dem Publikum
Über David Wagner
David Wagner ist ein gefeierter deutscher Schriftsteller, bekannt für seine präzise und einfühlsame Prosa. Mit seinem Debütroman «Meine nachtblaue Hose» etablierte er sich als wichtige Stimme der zeitgenössischen deutschen Literatur. Sein autobiografisch gefärbtes Werk «Leben» wurde 2013 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Auch für seinen Roman «Der vergessliche Riese» erhielt er viel Anerkennung und wurde 2019 mit dem Bayerischen Buchpreis ausgezeichnet. Wagner lebt und arbeitet in Berlin und setzt sich in seinen Büchern oft mit Themen wie Krankheit, Identität und Verletzlichkeit auseinander.
17.30 Uhr Ende der Veranstaltung
Referentinnen und Referenten
Ulrich Brügger, Schweizerischer Verband für Seniorenfragen
Ulrich Brügger ist Geschäftsführer des Schweizerischen Verbandes für Seniorenfragen (SVS) und verfügt über langjährige Erfahrung in Altersfragen. Er ist zudem Präsident eines Alters- und Pflegeheims und kennt die Altersarbeit und die Probleme aus der Praxis. Brügger arbeitet in Begleitgruppen des Bundes zu Themen wie der E-ID und dem und elektronischen Patientendossier mit und Experte bei Fragen der Inklusion und Exklusion.
Johannes Görbert, Universität Freiburg
Johannes Görbert hat Germanistik, Geschichte und Anglistik in Jena, Oxford und Berkeley studiert. Er promovierte an der Friedrich Schlegel Graduiertenschule der Freien Universität Berlin. Zurzeit ist Johannes Görbert Doktorassistent am Lehrstuhl für Medical Humanities an der Universität Freiburg, wo er ein Habilitationsvorhaben zur Literatur der Weimarer Republik aus der Perspektive der Literary Disability Studies verfolgt. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören das Verhältnis zwischen Literatur und Naturwissenschaften, Lyrik, autobiografisches Schreiben, interkulturelle Literaturwissenschaft und Gegenwartsliteratur.
Andrea Radvanszky, Universität Zürich
Andrea Radvanszky ist Soziologin und arbeitet als Assistentin am Institut für Biomedizinische Ethik und Medizingeschichte. Sie ist ausserdem als Dozentin am Soziologischen Institut der Universität Zürich tätig. Ihre Forschung beschäftigt sich mit Demenz. Andrea Radvanszky hat das DIPEx Projekt Demenz durchgeführt und zu den Auswirkungen der Krankheit auf die Interaktion und Beziehung zwischen Angehörigen und Erkrankten doktoriert.
Oana Ciobanu, Haute école de travail social et de la santé Lausanne
Oana Ciobanu ist Soziologin und Professorin an der Haute école de travail social et de la santé Lausanne (HETSL / HES-SO). Zuvor war sie an der Universität Genf tätig. Sie forscht schwerpunktmässig zum Thema ältere Menschen, insbesondere ältere Migrantinnen und Migranten, sowie zu internationaler Migration, Transnationalismus und Einsamkeit.
Podiumsgäste
Flavia Wasserfallen, Ständerätin Kanton Bern
Flavia Wasserfallen studierte Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Universität Bern. Von 2018 bis 2023 war sie Mitglied des Nationalrates, seit Dezember 2023 ist sie Mitglied des Ständerats für den Kanton Bern. Flavia Wasserfallen ist unter anderem Präsidentin des Stiftungsrates Swisstransplant, Präsidentin der Schweizerischen Gesundheitsligen-Konferenz und Stiftungsratsmitglied von EQUAM (Externe Qualitätsförderung in der ambulanten Medizin). Ausserdem ist sie Mitglied der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-S) sowie der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-S).
Sanja Ilic, Psychiatrische Dienste Thurgau, Demenz Beratungsstelle Kreuzlingen
Sanja Ilic wurde in Bosnien und Herzegowina geboren und lebt seit 1991 in Deutschland und der Schweiz. Sie verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung als Pflegefachfrau und war unter anderem in Akutkrankenhäusern, der Langzeitpflege und Psychiatrie tätig, davon 17 Jahre in der Gerontologie und Gerontopsychiatrie. Sanja Ilic hat an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg, Deutschland, und an der Fachhochschule für Gesundheit und Krankenpflege in Wien ihre Abschlüsse in Pflegewissenschaft erworben. Derzeit arbeitet sie als Pflegeexpertin und Advanced Practice Nurse bei den Psychiatrischen Diensten Thurgau, der Beratungsstelle für Demenz in Kreuzlingen und beim Konsiliar- und Liaisondienst Alterspsychiatrie. Sie ist auch Gastdozentin an der Fachhochschule für Gesundheits- und Krankenpflege in Wien.
Delphine Roulet-Schwab, Haute Ecole de la Santé La Source Lausanne
Delphine Roulet Schwab ist ordentliche Professorin am Laboratorium für die Lehre und Forschung zu Altern und Gesundheit (LER VISA) am Institut und der Hochschule für Gesundheit «La Source» in Lausanne. Die promovierte Psychologin mit Spezialisierung Gerontologie forscht unter anderem zu Misshandlung und Wohlbehandlung von älteren Menschen, zu Gewalt bei älteren Paaren, zu Altersdiskriminierung sowie zu den Rechten älterer Menschen. Delphine Roulet Schwab präsidiert Gerontologie CH und den Verein Alter Ego.
Andreas M. Fischer, Universitäre Altersmedizin Felix Platter Basel
Andreas M. Fischer ist als Leitender Arzt in der Allgemeinen Inneren Medizin (FMH) mit Spezialisierung auf Geriatrie (SFGG) und einem interdisziplinären Schwerpunkt in Ernährungsmedizin (GESKES) tätig. Er ist habilitierter Privatdozent im Fach Geriatrie an der Medizinischen Fakultät der Universität Basel und hat einen externen Lehrauftrag am Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie an der ETH Zürich. Neben der klinischen Betreuung von Patientinnen und Patienten sowie seiner Lehrtätigkeit widmet er sich in seiner Forschung insbesondere dem altersbedingten Muskelschwund und den ernährungstherapeutischen Strategien im Alter. Darüber hinaus gehört er dem Kernvorstand der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Metabolismus der Schweiz an.
Programmkomitee
- Anna Elsner, Universität St. Gallen
- Martina King, Universität Freiburg
- Delphine Roulet Schwab, Haute École de la Santé La Source
- Hubert Steinke, Universität Bern
- Romaine Farquet, Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften
- Valérie Clerc, Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften
Über «Medical Humanities» und die Reihe «Alt werden»
Seit 2009 engagiert sich die SAGW zusammen mit der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) im Bereich der Medical Humanities. Die Medical Humanities tragen dem Gedanken Rechnung, dass sich Gesundheit und Krankheit nicht vom Menschen trennen lassen und daher ein rein medizinischer Blick auf das Begriffspaar nicht ausreicht. Die Geistes- und Sozialwissenschaften ermöglichen ein mehrdimensionales Verständnis von Gesundheit und Krankheit, das auf dem Konzept der Lebensqualität beruht. Wenig fassbare Krankheitsbilder, Mehrfachdiagnosen und Multimorbidität können in diesem Verständnis in die Reflexion miteinbezogen werden.
Von 2017 bis 2020 organisierte die SAGW zusammen mit der SAMW die Reihe «Macht und Medizin». 2021 lancierten die beiden Akademien in Synergie mit der a+ Swiss Platform Ageing Society die auf wiederum vier Jahre angelegte Reihe «Alt werden» (Follow-up der letzten Veranstaltung «Hin zu einer altersfreundlichen Gesundheitsversorgung»). Die Reihe stellt das Konzept der «funktionalen Lebensqualität» ins Zentrum einer altersfreundlichen Gesundheitsförderung. Sie beleuchtet kontextuelle und soziale Faktoren, die in Betreuungssettings mitgedacht werden müssen.