In den vergangenen Wochen und Monaten wurde viel über die Zahlen der Zuwanderung gesprochen, über ihre Auswirkungen auf Infrastruktur und natürliche Ressourcen, über das Szenario einer 10-Millionen-Schweiz. Wenig diskutiert wurden indes die Lebensstile und Konsummuster der Menschen, die bereits hier sind. «Das Wie bestimmt das Wieviel», so der sprechende Titel eines Artikels vom September im Online-Magazin Republik.
In seiner «Strategie Nachhaltige Entwicklung» hielt der Bundesrat 2016 unter anderen als Ziel fest: «Der private Konsum trägt zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs und der damit zusammenhängenden Umweltbelastung bei.» Doch der Konsum und die Mobilität steigen weiter an. Seit 1995 ist die Bevölkerungszahl in der Schweiz um rund 20 Prozent gestiegen, die Zahl der Autos aber um 40 Prozent und die gefahrenen Zugkilometer um fast 80 Prozent.
Was sind die Alternativen zur dominanten Leitkultur des expansiven Konsums?
Die Akademien der Wissenschaften Schweiz möchten die Forschung zu Fragen der nachhaltigen Entwicklung stärken. In diesem Jahr lancierte die Akademie der Naturwissenschaften die «Initiative für Nachhaltigkeitsforschung», die sich interdisziplinär mit ökologischen Fragen, aber auch mit nachhaltigen Wirtschafts- und Finanzsystemen oder mit Definitionen von «Wohlergehen als Grundlage der Transformation hin zu einer nachaltigen Entwicklung» befasst.
Die SAGW legt in diesem Rahmen einen neuen Schwerpunkt auf die Frage nach Alternativen zur dominanten Leitkultur eines expansiven Konsums und also auf das zwölfte Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals): «Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen».
Veranstaltungsreihe «Verantwortungsvoller(-loser) Konsum»
Ein Arbeitspapier verortet den neuen thematischen Schwerpunkt im globalen Referenzrahmen der Agenda 2030 und stellt Fragen, die Geistes- und Sozialwissenschaftler umtreiben: Welche Narrative, Erlebnisse und Bilder erzeugt die Konsumwelt? Welches sind mögliche Rollenmodelle der Reduktion? Trifft die These von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno zu, dass jede Hochkultur die natürliche Umgebung massiv verändert oder gar zerstört? Wie vertragen sich Forderungen nach schnellem Wandel mit auf Langsamkeit und Legitimation getrimmten Prozessen in der (direkten) Demokratie?
Die SAGW möchte im Jahr 2021 vielfältige Räume schaffen, um solche Fragen zu diskutieren. Unter anderem lanciert sie zusammen mit ihren Fachgesellschaften und weiteren Akteuren ihres Netzwerks die Veranstaltungsreihe «Verantwortungsvoller(-loser) Konsum» in der Serie «La Suisse existe – La Suisse n'existe pas».