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Welche Forschung für was für eine Gesellschaft? Neues Graduiertenkolleg in Magdeburg erforscht Management und Kommunikation von Wissenschaft

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Herkömmliche wissenschaftliche Verfahren der Wissensproduktion – disziplinär organisiert und kommunikativ tendenziell nach innen gerichtet – stehen unter steigendem Legitimationsdruck. Die Gesellschaft fordert zunehmend Mitspracherechte, etwa zur Frage, was überhaupt Gegenstand wissenschaftlicher Forschung sein soll. Kurz: Die Exklusivität der Wissenschaften zeigt Erosionserscheinungen. Wie soll die Wissenschaft auf die sich verändernden Anforderungen reagieren? Welche Rolle spielt die – mitunter digital entgrenzte – Wissenschaftskommunikation? Und was ist das eigentlich, eine «Wissensgesellschaft»?

In Magdeburg, Speyer und Halle-Wittenberg startete in diesem Jahr das interdisziplinäres Graduiertenkolleg «Wissenschaftsmanagement und Wissenschaftskommunikation als forschungsbasierte Praxen der Wissenschaftssystementwicklung». Es umfasst zehn Doktoranden- und drei Postdoc-Stellen und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis 2023 mit insgesamt 3.4 Millionen Euro gefördert. Die Nachwuchsforscher aus verschiedenen Disziplinen sollen in den nächsten vier Jahren analysieren, wie eine funktionierende Wissenschaftskommunikation in Zukunft aussehen könnte, heisst es in der Medienmitteilung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Wachsende Verantwortung der Wissenschaft

Um eine neue Legitimation für die «Wissensarbeit» zu schaffen, brauche es «möglicherweise andere Instrumente des Wissenschaftsmanagements und der Wissenschaftskommunikation» als bislang, sagt Philipp Pohlenz, Sprecher des Graduiertenkollegs, im Interview mit dem BMBF. Peer Pasternack vom Institut für Hochschulforschung Halle-Wittenberg ergänzt: «Wie gelingt es, Erfahrungen aus der Managementpraxis mit theoretischem Wissen über das, was Hochschulen ausmacht, zu verbinden und die Gräben zwischen Management und ‚autonomieliebender Wissenschaftskultur’ zu überwinden?» Was hier anklingt, sind grundlegende Fragen der Hochschulorganisation, wie sie sich in den letzten Jahren auch in den Diskussionen über den zwischen Verwaltung und Forschung angesiedelten sogenannten «Third Space» manifestierten. (Die SAGW organisierte 2019 eine Veranstaltung dazu.)

Ein Ausgangspunkt der Stossrichtung des Kollegs ist ein Grundsatzpapier des BMBF vom November 2019, das die wachsende Verantwortung der Wissenschaft in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels durch Digitalisierung, demografischen Wandel oder Globalisierung betont. Die Aufgabe der Wissenschaft sei es, Lösungen für drängende gesellschaftliche Fragen zu suchen, heisst es darin, aber ihre Aufgabe sei es unter anderem auch, den Dialog zu suchen und Debatten zu versachlichen.