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Energieforschung als Zusammenspiel der Disziplinen

Bundesamt für Energie | SAGW (Christina Graf)

Das Bundesamt für Energie sieht den Schlüssel für eine nachhaltige Transformation im Energiesektor in der Zusammenarbeit von Technik-, Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften.

Der Bundesrat hat 2019 beschlossen, dass die Schweiz bis 2050 klimaneutral sein soll. Um dieses Vorhaben zu konkretisieren, verabschiedete er Ende Januar 2021 die «langfristige Klimastrategie der Schweiz». Parallel dazu wird die «Energiestrategie 2050» verfolgt, die in eine Zukunft ohne Kernenergie und eine sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung gewährleisten soll.

Für das Bundesamt für Energie (BFE) liegt ein entscheidender Schlüssel für diese Transformation in der Kooperation zwischen technisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen und den Sozial- und Geisteswissenschaften. «Technische Lösungen und Innovationen werden typischerweise mit dem Ziel entwickelt, dass sie besonders effizient oder effektiv sind, um ein gewisses Problem zu lösen», sagt die Politikwissenschaftlerin und Energieforscherin Isabelle Stadelmann im Interview gegenüber dem BFE. «Diejenigen, die aber diese Technologien am Schluss nutzen, wenden oft andere Kriterien an – die technisch optimale Lösung ist möglicherweise nicht jene, die sich politisch umsetzen lässt oder die die Konsumentinnen und Konsumenten wollen.»

Bei solchen Zielkonflikten beispielsweise können die Expertise und das Instrumentarium der Sozial- und Geisteswissenschaften entscheidend dazu beitragen, dass naturwissenschaftlich-technische Lösungen in ein effizientes, sicheres und nachhaltiges Energiesystem münden.

Vernetzung in Forschungskonsortien

Das BFE wird im Förderprogramm SWEET («SWiss Energy research for the Energy Transition») in den kommenden Jahren Themen für grosse inter- und transdisziplinäre Konsortien ausschreiben. Die Calls sollen sich ebenso an die Sozial- und Geisteswissenschaften wie an die technisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen richten und dazu auffordern, bereits bei der Ausarbeitung von Projektanträgen interdisziplinär zusammenzuarbeiten.

«Die Ingenieurinnen und Ingenieure müssen verstehen, dass technische Lösungen keine Selbstläufer sind. Und die Geistes- und Sozialwissenschaftler müssen verstehen, was in der Technik überhaupt machbar ist, und was auch nicht. Und dann müssen wir eine gemeinsame Sprache finden. Dies passiert nicht automatisch, sondern braucht viel Geduld und die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen», sagt Christian Schaffner vom Energy Science Center der ETH Zürich im Interview.

Die Vernetzung spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht interdisziplinäre Konsortien zu bilden. Es ist nicht immer einfach, sich einzubringen, wenn die entsprechenden Kontakte nicht bereits bestehen. Deshalb organisierte das BFE zusammen mit der SAGW bereits ein Webinar und einen Workshop, in denen die Beteiligung der Sozial- und Geisteswissenschaften an Konsortien diskutiert wurde. Im ETH-Bereich und an den meisten Hochschulen gibt es Verantwortliche für die Energieforschung; auch die Plattform energy-connect.ch oder die abgeschlossenen Energieforschungsprogramme NFP Energie und Swiss Competence Centers for Energy Research können hilfreiche Anlaufstellen sein.

Für eine erfolgreiche Energietransition braucht es auch die Sozialwissenschaften

«Technische Lösungen und Innovationen werden typischerweise mit dem Ziel entwickelt, dass sie besonders effizient oder effektiv sind, um ein gewisses Problem zu lösen. Diejenigen, die aber diese Technologien am Schluss nutzen, wenden oft andere Kriterien an – die technisch optimale Lösung ist möglicherweise nicht jene, die sich politisch umsetzen lässt oder die die Konsumentinnen und Konsumenten wollen.

Um die Energietransition so schnell wie möglich umzusetzen, können wir es uns aber nicht leisten, dass Zeit in technologische Lösungen gesteckt wird, die am Ende nicht genutzt werden. Ich habe die Hoffnung, dass interdisziplinäre Zusammenarbeit in diesem Bereich einen wichtigen Beitrag zu einer schnelleren Umsetzung leisten kann.

Man sollte sich überlegen, einmal ein Forschungsprogramm zu schaffen, bei dem tatsächlich das Gesellschaftliche und Politische im Zentrum steht. Bisherige Ausschreibungen sind eher so ausgestaltet, dass zwar die Wichtigkeit der Sozial- und Geisteswissenschaften grundsätzlich anerkannt wird, diese jedoch im Prinzip immer noch Anhängsel bilden zu technisch dominierten Fragestellungen.»

(aus: Interview mit Isabelle Stadelmann, in: energeia plus. Magazin des Bundesamts für Energie)

Förderinstrumente für alle Disziplinen

Die anwendungsorientierte Energieforschung hat in der Schweiz Tradition. Das BFE stellt zum einen den Zugang von Schweizer Forscherinnen und Forschern zu den Forschungsprogrammen der Internationalen Energieagentur sicher, und bietet zum anderen Förderinstrumente auf allen wissenschaftlichen Stufen und für unterschiedlichste Disziplinen an, um Innovationsprozesse an der Schnittstelle von Forschung, Industrie und Markt zu unterstützen. Die Grundlage dafür bildet das «Energieforschungskonzept des Bundes», das von der Eidgenössischen Energieforschungskommission alle vier Jahre überarbeitet wird.

Wichtige Förderinstrumente des BFE sind aktuell das Programm SWEET mit seinem kleinen Bruder SOUR, die verschiedenen Forschungsprogramme, das Pilot- und Demonstrationsprogramm oder der Wissens- und Technologietransfer.

  • SWEET – «SWiss Energy research for the Energy Transition» fördert Innovationen, die wesentlich zur erfolgreichen Umsetzung der Energiestrategie 2050 und der Erreichung der Schweizer Klimaziele beitragen. Ein zentraler Aspekt von SWEET ist die Zusammenarbeit verschiedener Stakeholder: Universitäten, der ETH-Bereich und Fachhochschulen kooperieren mit Institutionen der öffentlichen Hand – Bund, Kantone und Gemeinden –, der Privatwirtschaft sowie weiteren Organisationen.
     
  • SOUR – SWEET Outside-the-box Rethinking ist ein komplementäres Programm im Rahmen von SWEET. Es fördert unkonventionelle, originelle und risikoreiche Forschungsansätze und potenzielle «Game Changer» für das zukünftige Schweizer Energiesystem. Die kleinen und agilen SOUR-Projekte, die sich an den SWEET-Ausschreibungen orientieren, dauern maximal 18 Monate und werden von einzelnen Forschenden oder einem kleinen Team umgesetzt.
     
  • Bei den Forschungsprogrammenstehen anwendungsorientierte und entwicklungsnahe Projekte im Vordergrund, die das gesamte Spektrum der Energieforschung abdecken. Durchgeführt werden diese in allen wesentlichen Technologiefeldern in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Ein weiterer Fokus liegt auf den Themen Gesellschaft und Wirtschaft. Diesen ist das Forschungsprogramm Energie-Wirtschaft-Gesellschaft (EWG) gewidmet, das sich mit ökonomischen, soziologischen, psychologischen und politologischen Fragestellungen über die ganze Wertschöpfungskette der Energie hinweg befasst.
     
  • Mit dem Pilot- und Demonstrationsprogramm werden die Entwicklung und Erprobung von neuen Technologien, Lösungen und Konzepten im Bereich der sparsamen und effizienten Energienutzung, der Energieübertragung und -speicherung sowie der Nutzung erneuerbarer Energien gefördert. Es positioniert sich an der Schnittstelle zwischen Forschung und Markt und hat das Ziel, den Reifegrad von neuen Technologien zu erhöhen, um sie letztendlich in die Praxis zu transferieren.
     
  • Das BFE ist die Anlaufstelle für Fragen zum Wissens- und Technologietransferim Energiebereich in der Schweiz und informiert über Angebote der Innovationsförderung. Innovation erfordert erhebliche personelle und finanzielle Mittel – und viel Zeit: Gerade im Energiebereich können leistungsfähige Technologien mehrere Dutzend Jahre Forschung und Entwicklung in Anspruch nehmen. Neben dem Privatsektor muss sich deshalb auch die öffentliche Hand in der langfristigen Unterstützung von Innovationsprozessen im Energiebereich engagieren.

Das Ziel einer klimaneutralen Schweiz

Die Programme des BFE haben ein übergeordnetes, langfristiges Ziel: die nachhaltige Transformation des Energiesektors. Die Ziele der Energie- und der Klimapolitik sind dabei eng miteinander verknüpft. Instrumente wie das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, das den Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien sowie die Versorgungssicherheit der Schweiz stärkt, sollen den Weg in diese Zukunft ebnen.

Wie die Entwicklung des Energiesystems, das mit dem langfristigen Klimaziel von Netto-Null Treibhausgasemissionen im Jahr 2050 kompatibel ist und gleichzeitig eine sichere Energieversorgung gewährleistet, aussehen könnte, zeigen die Energieperspektiven 2050+ und ihre zwei Grundszenarien «Netto-Null» (ZERO) und «Weiter wie bisher» (WWB).

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The SWEET newsletter is published by the SFOE and provides information about the SWEET (Swiss Energy Research for the Energy Transition) funding program. The aim of SWEET is to promote innovations that contribute significantly to the successful implementation of the Energy Strategy 2050 and the achievement of Switzerland's climate targets.

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