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Nachhaltigere Raumplanung durch Archäologie

Christina Graf | Heinz Nauer
Communiqué de presseMedienmitteilungAkademievortrag Nachhaltigkeit

Wie kann Raumplanung nachhaltiger werden? Antworten liefert der Archäologe Marc-Antoine Kaeser in einem neuen Essay, der in der Akademiereferat-Reihe der SAGW erscheint.

Bern, 16. Mai 2022. Wie kann Raumplanung nachhaltiger werden? Indem sie Ansätze aus der Archäologie einbezieht. Das zeigt der Archäologe Marc-Antoine Kaeser in einem neuen Essay auf, herausgegeben von der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften.

Auf den ersten Blick scheint die Archäologie ein schwieriges Verhältnis zum Bausektor und zur offiziellen Raumplanung zu haben. Es gibt viele Beispiele für Konflikte, die sich wahlweise an der blinden Zerstörung von Kulturgütern durch Bauherren oder der kostspieligen Verzögerung von Bauprojekten durch Denkmalschützer entzünden. Kaeser wirft in seinem rund 80 Seiten langen Essay einen differenzierten Blick auf das Verhältnis von Raumplanung und Archäologie jenseits von – teilweise medial überzeichnet dargestellten – Einzelfällen.

Der Autor zeigt auf, dass die Zusammenarbeit zwischen Archäologinnen und Fachpersonen aus der Territorialentwicklung wissenschaftlich legitim ist und äusserst konstruktiv sein kann. Gerade angesichts der aktuellen ökologischen Herausforderungen muss die archäologische Forschung einen Platz im Zentrum der Raumplanung einnehmen, ist Kaeser überzeugt. Der Blick in die Vergangenheit ermöglicht es, vergangene wie zukünftige Umweltveränderungen besser in die Raumplanung einzubeziehen, wodurch weniger Planungsfehler entstehen. Vor allem aber können Erkenntnisse aus der Archäologie Räume aufwerten und ihnen Sinn verleihen: Sie legen die jahrtausendealte dynamische Beziehung zwischen Mensch und Natur offen. So können Überreste eines gallischen Bauernhofs, der vor 2000 Jahren just dort stand, wo heute vielleicht der Bau eines Shoppingcenters geplant ist, dieses symbolisch durchaus bereichern, indem er es in der Tiefe der kollektiven Geschichte verankert. Die übliche Unterscheidung zwischen «kulturell» und «natürlich» verblasst, und selbst unscheinbare Orte verwandeln sich in reiche Kulturlandschaften.

Bei seinen Überlegungen stützt sich der Autor auf die Geschichte der archäologischen Praxis seit der frühen Neuzeit. Eine entscheidende Rolle auf dem Weg zu einem neuen Selbstverständnis der Archäologie sieht er in der Umsetzung der Malta-Konvention um die Jahrtausendwende, die zu einer umfassenden Wahrnehmung des Kulturerbes anregte, in der nicht das einzelne Objekt oder die einzelne Ausgrabungsstätte im Vordergrund stehen, sondern das Wissen über die Vielfalt der materiellen Vergangenheit und Gegenwart des Menschen in der Landschaft.

Die Publikation erscheint als 29. Heft der Akademievorträge der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften in der Reihe Swiss Academies Communications. Sie ist online frei zugänglich und kann als Print-Publikation kostenlos bestellt werden: www.sagw.ch/praeventive-archaeologie  

Zum Autor des Essays

Marc-Antoine Kaeser ist Direktor des Archäologiemuseums Laténium, Titularprofessor am Lehrstuhl für Frühgeschichte an der Universität Neuenburg und Mitglied im Vorstand der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften.

Bibliografische Angaben und Open Access

Kaeser, Marc-Antoine (2022): Archéologie et aménagement du territoire. Histoire et épistémologie de la sauvegarde du patrimoine, sous l’angle du développement durable (Akademierereferat XXIX / Swiss Academies Communications 17,3). https://doi.org/10.5281/zenodo.6497747

Die Publikation ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz – CC BY 4.0. Der Inhalt dieser Publikation darf demnach ungeingeschränkt und in allen Formen genutzt, geteilt und wiedergegeben werden, solange der Urheber und die Quelle angemessen angegeben werden.

Hintergrundinfos und Kontakt

Kontakt

SAGW
Fabienne Jan
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Tel.: 031 306 92 57
E-Mail: fabienne.jan(at)sagw.ch

Autor
Marc-Antoine Kaeser
Direktor Laténium
Titularprofessor am Institut für Archäologie
Universität Neuenburg
Tel.: 032 889 89 15
E-Mail: marc-antoine.kaeser(at)unine.ch

Zur SAGW

Die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) ist eine Organisation der nationalen Forschungsförderung gemäss Bundesgesetz und Mitglied des Verbunds der Akademien der Wissenschaften Schweiz.

Bilder (Auswahl)

Die beigelegten Bilder können Sie zur Berichterstattung über die Publikation unter Angabe der Quelle verwenden. Für höhere Auflösungen wenden Sie sich bitte an: christina.graf(at)sagw.ch

Abb. 0 und 1: Titelseite und Titelbild

Sondages archéologiques sur le tracé de la route d’évitement du Locle au Col-des-Roches. Photo Office du patrimoine et de l‘archéologie de Neuchâtel.

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Abb. 2 (Fig. 11 in der Publikation)

Les prouesses de l’ingénierie moderne: sauvetage par l’UNESCO des temples antiques d’Abou Simbel en haute Égypte, vers 1966. Photo Reitz/Ullstein via Getty images et Mashable.

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Abb. 3 (Fig. 17)

Sondages diagnostics systématiques sur le tracé du contournement ouest de Strasbourg. Photo F. Basoge, copyright Archéologie Alsace.

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Abb. 4 (Fig. 21)

Le prestige de l’Antiquité au cœur de quartiers d’habitations populaires. Travaux de restauration sur les ruines du Palais césarien de Galère (vers 300 de notre ère) à Thessalonique. Photo et copyright Pierre Buch.

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